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Johannes Rauch

Impfstoffe. Warum Solidarität in Europa Vorteile für alle bringt

Impfstoffe schützen. Sie bewahren Menschen davor, schwer zu erkranken oder zu sterben. (Tiere auch, aber um die geht es hier jetzt nicht.) Masern, Polio, Pocken oder Tollwut, um nur einige zu nennen, waren einst gefürchtete Krankheiten, doch sie haben dank der Impfung ihren Schrecken verloren. Die Impfstoffe gegen Corona haben geholfen, das Risiko von schweren Verläufen, Spitalsaufenthalten und Long Covid deutlich zu reduzieren.


Die Produktion, Beschaffung und Verteilung der Covid-Impfstoffe in der Europäischen Union war ein Kraftakt, der von großer Solidarität getragen war. Mit HERA wurde eine eigene Beschaffungsagentur eingerichtet, die Einkauf und Verteilung organisierte, unabhängig davon, wie groß, mächtig oder finanzkräftig ein Mitgliedsland ist.


Der Grundgedanke ist rasch erklärt: Eine zentrale Beschaffung stärkt die Position des Einkäufers gegenüber dem Verkäufer. Den großen Pharmakonzernen sitzt eine mächtige Institution gegenüber, die einen Markt von 450 Millionen Menschen repräsentiert. Dadurch ist es gelungen, einheitliche Preise und gerechte Verteilung sicherzustellen. Das hat im Großen und Ganzen funktioniert.


Als die ersten Affenpockenfälle auftauchten und es klar wurde, dass auch dagegen eine zumindest ausreichend wirksame Impfung existiert, wurde versucht, denselben Mechanismus erneut anzuwerfen: Einmeldung des Bedarfs und Bestellung über HERA, dieselben Bedingungen für alle, gerechte Verteilung.


Diesmal hat es nicht geklappt. Einzelne Mitgliedsstaaten begannen parallel zur Bestellung über HERA bilaterale Verhandlungen mit den Herstellern, um rascher an Impfstoffe zu kommen als andere. Diese Chance nahm der Hersteller dankbar an: Er bot den Mitgliedsstaaten an, jenseits von HERA direkt zu bestellen, natürlich zu höheren Preisen. Die Lieferung über HERA verschob sich auf unangenehme Weise immer weiter nach hinten. Österreich etwa wurde die Lieferung der längst bestellten 30.000 Dosen erst für Herbst 2023 in Aussicht gestellt.


Die logische Folge: Alle begannen, direkt zu verhandeln und sich Impfstoff zu beschaffen. Einziger Gewinner: der Hersteller. Aus Sicht der börsennotierten Pharmaunternehmen nicht nobel, aber „marktlogisch“. Aus Sicht der Mitgliedsstaaten ein Trauerspiel. Leider.


Wir in Österreich haben zunächst ganz auf dieses Solidarsystem gesetzt – wissend, dass wir als kleines Land schlechte Karten in bilateralen Verhandlungen mit einem Hersteller haben. Inzwischen sind auch wir längst mit anderen Staaten im Gespräch über zusätzliche Kontingente.


Diese Woche konnte HERA eine Lieferung von immerhin 170.000 Impfdosen für die EU noch in diesem Jahr aushandeln. Vielleicht besteht noch Hoffnung auf eine solidarische Lösung für die EU.

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