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Johannes Rauch

Das 1-2-3-Klimaticket: Ein Kraftakt, der sich lohnt


Heute unterzeichnen Tirol und Vorarlberg im Bundesministerium die Grundsatzvereinbarung zur Einführung des 1-2-3-Klimatickets. Damit haben sich – mit Salzburg, das waren die ersten – die drei westlichen Bundesländer zu nichts weniger bekannt als zu einem Quantensprung, den der öffentliche Verkehr für die Kundinnen und Kunden machen wird, was Einfachheit, Leistbarkeit, Angebot und Qualität angeht.

Die erste Stufe, nämlich österreichweit um 3 Euro pro Tag mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein zu können, soll noch heuer umgesetzt werden. Das ist ein Kraftakt, den Außenstehende gar nicht verstehen können. Nur wer den Dschungel an Tarifsystemen, Abrechnungsmodalitäten, Fahrscheinautomaten aller Art, Gegen- und Weiterverrechnungen und die komplett unterschiedlichen Zugänge der einzelnen Bundesländer zum öffentlichen Verkehr und seiner Organisation kennt, kann das nachvollziehen.

Nun höre ich hin und wieder: „Mich als Fahrgast interessiert aber nicht, wie das im Hintergrund organisiert ist, ich will beste Qualität zum besten Preis!“ – Recht hat der Fahrgast!

Es ist Aufgabe der Politik, dieses Dickicht an Zuständigkeiten und Puzzleteilen zu entwirren und auf die Reihe zu bekommen. Mehr als ein Dutzend Verkehrsminister*innen ist bislang an dieser Aufgabe gescheitert. Am Kirchturmdenken, an Eitelkeiten, an der Gleichgültigkeit, an der Finanzierung und an der österreichischen Realverfassung: „Ja mei, geht halt nicht, kann ma nix machen, zu kompliziert!“

Wien hat erfolgreich vorgezeigt, was passiert, wenn man im eigenen Wirkungsbereich ein 365-Euro-Jahresticket einführt, Vorarlberg etwas später auch: Es wird so gerne genommen, dass die Anzahl der Jahreskartenbesitzer*innen in Vorarlberg innerhalb von sechs Jahren von 50.000 auf 75.000 gestiegen ist, die Anzahl der Fahrten allein auf der Schiene um jährlich zehn Prozent.[1]


„Schaffe das Angebot, und du bekommst die Nachfrage!“


Wo früher Haltestellen und Bahnhöfe standen, die aussahen, als wären sie Drehorte für einen Spionagethriller zu Zeiten des Kalten Krieges – kalt, dunkel, nicht barrierefrei, mehr Hürde als Einladung, einen Zug zu besteigen –, finden sich heute moderne Mobilitätsdrehscheiben: hell, sauber, von hoher Aufenthaltsqualität; Bus, Bahn, Fahrradabstellanlagen, Car-sharing – alles aus einem Guss.

Die Fahrplan-Vorgabe des Landes: Viertelstundentakt im Ballungsraum, Halbstundentakt izu Spitzenzeiten auch in die Talschaften hinein, Stundentakt auch in den entlegensten Winkeln Vorarlbergs.


Die Mobilität wird sich verändern: On demand, smart, App-basiert, mit viel mehr Fahrrad und viel mehr Öffis, mit viel weniger Auto und wenn, dann nach der Devise: „Nutzen statt besitzen“.

Die Voraussetzungen dafür müssen wir jetzt schaffen. Ist die Nachfrage erst da und das Angebot passt nicht, hat die Politik versagt.


Das 1-2-3-Klimaticket ist ein Meilenstein auf dem Weg in die Mobilitätszukunft, und ich bin froh und auch ein bisschen stolz, einen Beitrag dafür leisten zu können.


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